Wortluftverschmutzung und der Konfliktkondensator

„Kinder sind die Produzenten ihrer eigenen Entwicklung.“ Das Zitat habe ich aus einem Vortrag von Jesper Juul, den er auf dem Kongress zum Thema: „Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen in schweren Zeiten“ gehalten hat. Dieser Satz steht im absoluten Gegensatz zu den Erfahrungen, die ich als Kind machen durfte und den Erfahrungen, Kinder auch heute noch grundsätzlich machen.

In meiner Kindheit, da ging es nicht um meine Entwicklung, geschweige denn darum, dass ich sie selbst bestimmen durfte, diese Entwicklung. Es ging um die Erwachsenen, das System und einen diffusen Dunst um und in allem. Den habe ich vor allem gespürt als Kind. Etwas lag immer in der Luft. Sie war nie frei und klar.

Damals hatte ich dafür noch keinen Namen. Heute kann ich die Luft greifen und füllen mit meinen Worten und meiner Wahrnehmung.

Ich habe als Kind nämlich so eine Art Konfliktkondensator entwickelt. Den übrigens alle Kinder quasi in sich tragen und der etwas Segensreiches bewirkt, oder besser gesagt, bewirken könnte, wenn die Umwelt entsprechend reagieren würde.

Dieser Kondensator macht etwas sichtbar, spürbar, fühlbar und damit veränderbar, was vorher unsichtbar in der Luft, im Raum mitgeschwungen hat. Wie das funktioniert, darum geht es in diesem neuen Blogbeitrag innerhalb meiner Serie:

12 Wochen 12 Beiträge 12 Themen rund um Kraft und Lebenskompetenz und das Ankommen in der eigenen Lebensspur in Krisenzeiten wie diesen gerade, als Kriegsenkelin

Heute Thema n°7

Konfliktkondensator

Wenn Konflikte in der Luft liegen, nicht ausgesprochen und angesprochen werden und man als Kind mittendrin ist, in so einer dicken Luft, dann gibt es nicht so viele Möglichkeiten damit umzugehen. Dickes Fell anlegen wäre vielleicht eine davon. Eine andere Möglichkeit ist es, wenn man als Kind versucht diese Konflikte zu lösen. Für die Erwachsenen.

Kinder machen das ständig. Mit ihrem eigenen Verhalten. Und da sind wir bei dem Satz von Jesper Juul und dem, was er bedeutet. Wirklich. Er geht von einer Grundannahme aus, die besagt, dass Kinder Lebenskompetenz haben. Von Anfang an. Dass sie kooperieren in dem System in dem sie leben. Von Anfang an. Dass sie sozial sind. Von Anfang an.

Allerdings ist diese Sicht nicht allgemein geteilt und auch nicht allgemein akzeptiert. In den 60er Jahren, also in der Nachkriegszeit, da mussten Kinder spuren, sich anpassen, still und unauffällig sein, am besten nicht zu spüren sein. Unbedingter Gehorsam in der Schule war normal. Eine Art Appell am Morgen die Regel. Es ging definitv nicht um Bedürfnisse von Kindern.

Ich lebte in ständiger Angst, als Erstkläßlerin. Vor meinen Eltern, vor der Lehrerin, vor den Mitschülern, dem Direktor und dem diffusen Dunst. Ich fühlte mich beobachtet, verfolgt und bestraft. Oft genug für Dinge, die ich gar nicht verstand, die ich nicht ausgelöst hatte, zu denen ich keinen Bezug hatte.

Aber ich hatte Selbstkompetenz und ich habe Verantwortung übernommen für mein Familiensystem, für das Schulsystem, für mein Leben darin, auch wenn das niemand so gesehen hat. Hier kommt der Konfliktkondensator ins Spiel, denn mit seiner Hilfe, konnte ich Konflikte greifbarer machen. Das passierte natürlich zunächst vollkommen unbewusst. Intuitiv hatte ich begriffen, dass ich mir, wo möglich, selbst helfen musste.

Und das habe ich auch getan. Ich habe vom Ende her gedacht, so wie Stephen Covey es auch empfiehlt in seinen 7 Schritten zu mehr Effektivität. Kannte ich damals ja noch nicht und da waren sie auch noch nicht geschrieben.

Es ging um eine Mathearbeit. Ich war 8 Jahre und in der 3. Klasse. Kurzschuljahre gab es da noch, wegen des Pillenknicks. Zu viele Kinder auf zu wenig Personal verteilt bei gleichem Lernvolumen. Ich hatte permanenten Stress.

Vor allem mit Mathe. Ich begriff die Zahlenräume nicht und das machte meinen Vater, der Feinmechaniker war und Großrechner betreute, wahnsinnig. Was mich wiederum wahnsinnig werden ließ … vor Angst, vor ihm! Sein Wahnsinn, wenn ich etwas nicht verstanden hatte, der machte mir Angst, die Wut, die er versuchte irgendwie zu kontrollieren, die machte mir Angst.

Da konnte ich einfach nicht mehr denken. Nur noch Rettungsstrategien, die gingen durch mein kleines Hirn. Ich war sehr gut darin. Ich schwänzte schon in diesem Alter regelmässig die Grundschule und es war bekannt, dass man auf mich ein Auge werfen musste. Aber nicht in dem Sinne, dass man auf mich besonders eingeht, sondern exakt das Gegenteil.

Ich wurde kontrolliert von vorne bis hinten. Musste als einzige ein Hausaufgabenheft führen, in dem meine Mutter abzeichnen musste, dass ich meine Hausaufgaben gemacht hatte. Meine Mutter hatte aber genug andere Dinge zu tun, als sich wirklich mal mit mir zu beschäftigen.

Die ganze Sache spitzte sich immer mehr zu und meine Defizite in Mathe waren nicht mehr zu toppen. Die nächste Mathearbeit würde eine glatte sechs. Das wusste ich und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Da musste etwas mit Garantie her. Mit einer Garantie, dass der Plan aufgehen würde. Mein Plan. Etwas Schwerwiegendes musste passieren.

Und das tat es dann auch. Kraft meines Willens. Ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn man eine Blinddarmentzündung hat. Wo man Schmerzen haben musste, wenn der Arzt auf den Bauch drückte und welche anderen Symptome noch zu nennen waren.

Wir hatten gegenüber unserer Massagepraxis einen Arzt, der sehr gut befreundet war mit meiner Mutter und zu dem sind wir dann gegangen. Meine Mutter hatte sich die Zeit genommen und war mit mir sofort rüber gegangen zu unserem Dr. Rott. So hieß er. Ich brachte alles wohl sehr plausibel vor und erstaunlicherweise bekam meine Mutter sofort eine Überweisung zum nahegelegenen Labor. Mein Blut sollte untersucht werden. Leukozyten gezählt.

Ich sah das als meine erste große Hürde an, denn ich hatte wirklich gar keines der vorgetäuschten Symptome. Im Labor haben sie mir dann Blut abgenommen. Meine Mutter war immer noch bei mir. Und ich traute meinen Ohren nicht, als die Laborantin etwa 2 Stunden später bei uns anrief und mir eine akute Blinddarmentzündung diagnostiziert wurde.

Ich atmete durch. Das klappte alles wie am Schnürchen und ich hatte keinen Platz in mir für noch eine Angst: nämlich der Angst vor einer Blinddarmoperation.  Wer A sagt, der muss auch B sagen und ich war bereit. Alles war besser, als diese Mathearbeit schreiben, eine sechs kassieren und nicht zu wissen, ob man den Wutanfall überleben wird.

Meine Mutter sagte alle Termine ab. Für mich! Sie verbrachte den Rest des Tages mit mir und ich konnte es kaum fassen, wie besorgt und liebevoll sie war. Also für ihre Verhältnisse. Ich entspannte vollkommen in dieser Fürsorge. Wir packten ein paar Sachen ein und ich landete noch am selben Tag im Krankenhaus in Odenkirchen. Nicht weit weg von zu Hause.

Unglaublich aber wahr: Mein Plan funktionierte, ich bekam ein Kinderbett in einem großen Saal mit vielen Kinderbetten und Kindern. Am nächsten Tag sollte meine Operation sein und ich würde ganz sicher die Mathearbeit nicht mitschreiben können. Ich war mindesten 14 Tage krank.

Alles lief prima und nach 10 Tagen wurde ich wieder gesund entlassen aus dem Krankenhaus, allerdings um meinen Blinddarm erleichtert. Ich wurde sehr lieb versorgt zu Hause und genoß meine entspannte Zeit. Bis ich wieder in die Schule musste. Dann kam ein böses Erwachen, denn die Lehrerin hatte die Mathearbeit wegen mir verschoben.

Sie hatten gar keine Arbeit geschrieben und ich kann hier mit Worten mein Entsetzen nicht beschreiben. Es war alles umsonst gewesen und die Angst kroch nicht in mir hoch, sondern sie explodierte in mir wie ein großes Feuerwerk. Es gab kein Ausweichen mehr. Es passierte, was ich geahnt hatte und meine Arbeit war eine glatte 6. Ich konnte nichts. Das konnte ich doch meinen Eltern nicht erzählen.

Hab ich auch nicht. Ich habe die Unterschrift gefälscht unter dieser 6 und die Lehrerin hat das natürlich gemerkt und stand dann auch prompt am Samstagmittag bei uns vor der Tür. Sprach von Lügnerin und Dokumentenfälschung und natürlich von Konsequenzen. Ich war 8.  Es ging mir übel und ich hatte keine Rückendeckung von meinen Eltern. Mein Vater wurde wütend. Ich musste den Tag im Bett verbringen. Kein Essen und Trinken. Kein Licht. Kein Kontakt.

Das war übel und ich wäre am liebsten aus dieser Familie gegangen, aber ich war ja erst 8 und etwas in mir, wusste, da komm ich nicht so einfach raus aus dieser Nummer. Ich legte den Konfliktkondensator für lange Zeit still und lernte, mich anzupassen. Zu spüren, was gebraucht wird überall. Ich wurde perfekt darin. Passte mich überall ein und an. Passte überall!

Diese tiefe Art zu sehen und zu spüren, was gebraucht wird, dort in der Welt um mich, diese Art ist heute eine wertvolle Resource, die es mir ermöglicht passgenau mit Menschen und ihren Geschichten zu arbeiten. Meine Super Power ist meine Art mit Worten so umzugehen, dass sie sich wie Schlüssel öffnend und schließend in Prozesse integrieren und sie beschleunigen und vertiefen.

Der gekonnte Umgang mit einem Konfliktkondensator ist ist eine agile Super Power geworden, denn mit seiner Hilfe kann ich auch heute noch Konfliktdunst in etwas Greifbares verwandeln.

Ich kann benennen und greifen, was für einen anderen Menschen nicht benennbar und greifbar ist. Ich kann befrieden auf diese Art, was in einem Menschen tobt und ich kann ordnen, was aus der eigenen Ordnung gefallen ist. Konfliktkondensation ist meine Königsdisziplin und ich habe früh mit meiner Ausbildung angefangen.

Gibt es in Dir auch einen diffusen Dunst? Ein Dunst, der Dich nicht klar Denken oder Fühlen lässt? Der sich über alles und zwischen alles legt und Dir an manchen Tagen die Luft zum Atmen nimmt? Dann lass uns reden. Eine Stunde kostenfrei bewegen wir uns gemeinsam durch einen Teil Deines Dunstes und finden ein Format mit dem wir ihn auflösen … Du lernst dann die Wirksamkeit des Konfliktkondensators direkt kennen.

Es gibt verschiedene Formate mit mir zu arbeiten und mein größtes und wichtigstes Projekt ist „Mutterland“. Es ist dieser ersten und bedeutenden Beziehung gewidmet, die wir eingehen in unserem Leben: Ihr Herzschlag wurde zu unserem Lebensmantra. Sie hat uns getragen und wir haben sie getragen.

Heute ist es an der Zeit noch einmal zurückzugehen. Den Fluß aufwärts. Unterwegs lösen, was noch ungelöst den Fluß am Fließen hindert. Weiter aufwärts gehen. Die eigene Quelle erreichen … und nochmals aus ihr trinken. Sich neu und tief mit sich selbst und den eigenen Gaben und Fähigkeiten, Sinn und Wert verbinden und die eigene Spiritualität spüren. In allem, was Du berührst und was Dich berührt. Heil werden und GANZ.

Im Mai 2022 starte ich mein exklusives und ganz besonderes Mutterland, denn ich lade Mutter & Tochter gemeinsam ein, dieses Abenteuer zu erleben. Sich gegenseitig auf die Besonderheiten am Wegesrand aufmerksam machen, gemeinsam Neuland entdecken, gemeinsam eine eigene innere Mutterlandkarte entwerfen. Neuen Sinn und Wert aus altem Leid kreieren, tief durchatmen und sich dem Leben ganz hingeben ohne etwas zurückzuhalten.

Wenn Dich das interessiert, lade ich Dich ein zu einem Discovery Call. 1h reserviere ich für unser Gespräch. Es ist kostenfrei und unverbindlich. Wir entscheiden gemeinsam ob wir starten oder noch warten. Hier ist der Link zu meiner Mutterlandseite und der Buchung des Discovery Gesprächs:

Für heute schließe ich diesen Post und danke Dir für Deine Zeit und Aufmerksamkeit. Vielleicht kennst Du jemanden, für den dieses Angebot wesentlich sein könnte. Dann leite den Artikel gerne weiter. DANKE!

Herzensgruß aus meinem Mutterland … Gudrun

 

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